Zusammenfassung und Analyse von „Agnes“ (Peter Stamm)

In diesem Artikel erhältst du eine Zusammenfassung des Romans „Agnes“ von Peter Stamm aus dem Jahr 1998 und zusätzlich eine kurze Analyse.

Zusammenfassung

Der Roman handelt von einem namenlosen, vierzigjährigen schweizerischen Sachbuchautor, als Ich-Erzähler, und seiner Liebe zur fünfundzwanzigjährigen amerikanischen Physikdoktorandin. Die beiden begegnen sich in der Bibliothek von Chicago, wo der Ich-Erzähler über Luxuseisenbahnwagen recherchiert und Agnes an ihrer Doktorarbeit schreibt.

Agnes ist eine belesene, intelligente und doch sozial isolierte junge Frau. Die beiden verabreden sich zum Essen, danach geht Agnes mit in seine Wohnung und hat ihre erste sexuelle Erfahrung. Der Ich-Erzähler berichtet ihr, dass er es als Sachbuchautor auch bereits mit Romanen versucht hat.

Daraufhin bittet Agnes ihn, eine Geschichte über sie zu schreiben. Ihr Geliebter beginnt eine Geschichte über sie zu schreiben ab dem Moment ihrer ersten Begegnung bis in die Gegenwart. Es wird deutlich, dass die beiden völlig unterschiedliche Wahrnehmungen der Realität haben. Der Ich-Erzähler schreibt die Vergangenheit von ihm und Agnes immer weiter auf, bis die Geschichte schließlich in der Gegenwart angekommen ist. Er schreibt nun über die Gegenwart hinaus in die Zukunft. Agnes lässt sich auf das Spiel ein und versucht dem künstlich geschaffenen, zukünftigen Ich aus dem Roman ihres Geliebten gerecht zu werden.

Sie zieht beispielsweise in seine Wohnung ein, wie es der Roman vorsieht. Dabei zeigt sich aber immer mehr, dass sich die Geschichte eines Romans nicht immer mit der Lebensrealität übereinbringen lässt. Auch der Ich-Erzähler leidet unter dem Roman, er glaubt nicht nur seine Romanfigur beeinflussen zu können, sondern Agnes Gedanken erraten zu können. Deshalb ist er deprimiert, denn in seiner Vorstellung lehnt die reale Agnes einen Heiratsantrag von ihm ab. Als Agnes von ihm schwanger wird, wendet er sich von ihr ab und stürzt sich in eine Affäre mit Louise. Nachdem Agnes das Kind bei einer Fehlgeburt verloren hat, zieht sie wieder beim Ich-Erzähler ein.

Die beiden beginnen erneut aus der Realität zu flüchten und zusammen schreiben sie eine Geschichte ihres gestorbenen Kindes, wie es aufwächst. Agnes zerreißt die Geschichte und verlangt eine Geschichte, die der Realität entspricht. Die beiden distanzieren sich und stellen fest, wie wenig sie voneinander wissen. Für die Silvesternacht schreibt der Ich-Erzähler zwei Enden seiner Geschichte auf. In einer werden beide zusammen glücklich, in der anderen erfriert sie.

Die erste Geschichte liest er ihr vor, doch beide sind nicht von diesem Ende überzeugt. Die andere Version entdeckt Agnes und liest sie heimlich. In der Silvesternacht muss Agnes wegen einer starken Erkältung zuhause bleiben. Am nächsten Morgen kommt der Ich-Erzähler wieder und Agnes ist verschwunden. Es bleibt offen, ob sie das Ende des Romans zu ihrer Realität gemacht hat oder ob sie den Ich-Erzähler verlassen hat, um in die Realität zurückzufinden.

Kurze Analyse von „Agnes“

Besonders auffällig am Roman ist die Erzählperspektive. Er wird aus der Ich-Perspektive erzählt, was dazu führt, dass der Leser sich auf die Erinnerung des Ich-Erzählers verlassen muss. Dabei darf der Leser nicht allzu unkritisch sein. Genau wie Agnes muss der Leser sich selbst ein Bild von der Wahrheit machen und muss versuchen, sich nicht vom Ich-Erzähler in die Irre führen zu lassen. Der knappe Erzählstil, mit der Beschränkung auf das Wesentliche, verstärkt das noch: Der Leser muss Lücken gedanklich schließen.

Inhaltlich handelt der Roman von einer Liebesgeschichte zweier Personen, die die Distanz und Fremdheit der realen Welt spiegelt. In ihrer fiktiven Geschichte können die beiden glücklich sein, in der Realität ist dieses Ziel eine unerreichbare Wunschvorstellung. Außerdem verdeutlich der Roman auch, dass ein Flüchten in eine fiktive Welt die Probleme in der echten Welt nur noch verschlimmert. In Zeiten von Facebook, Instagram und Co. ein hochaktueller Roman.

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