Die Kerker-Szene aus Faust 1 – Zusammenfassung und Analyse

In diesem Artikel erhältst du deine Zusammenfassung der Szene „Kerker“ aus Johann Wolfgang von Goethes Meisterwerk „Faust. Der Tragödie erster Teil“ aus dem Jahr 1808. Außerdem werden wir analysieren, wie diese Szene zu interpretieren ist.

Zusammenfassung

Die Szene Kerker spielt am Ende von Faust 1. Heinrich Faust ist ein angesehener, älterer Wissenschaftler, der eine ernüchternde Lebensbilanz zieht. Weder beruflich noch privat ist er zufrieden und deswegen schließt er einen Pakt mit dem Teufel Mephisto, der ihn in einen jungen Mann verwandelt.

Dabei begegnet Faust der sehr jungen Gretchen, die er verführt und schwängert. Gretchen bringt ein uneheliches Kind zur Welt, verliert ihren Verstand und tötet das Kind, woraufhin sie eingesperrt und zum Tode verurteilt wird. Jetzt beginnt die eigentliche Kerkerszene:

Faust kommt zusammen mit Mephisto in den Kerker, um Gretchen zu befreien. Gretchen erkennt Faust zunächst gar nicht und hält ihn für ihren Henker. Gretchen fühlt sich tief schuldig, weil sie ihr Kind umgebracht hat. Schließlich erkennt sie Faust doch noch und ist hin- und hergerissen. Zum einen ist da immer noch ihre Liebe zu Faust, der sie mithilfe des Teufels verführt hat.

Zum anderen aber quält sie die Angst, noch weiter von Faust ins Verderben gezogen zu werden. Fausts Versuche sie zum Fliehen zu überreden scheitern. Gretchen will sich ihrer Strafe stellen und wendet sich von Faust ab. Faust überlässt Gretchen ihrem Schicksal und flieht im letzten Moment mit Mephisto. Gretchen stellt sich Gott, der ihr vergibt.

Analyse der Kerker-Szene

In der Kerkerszene bringt Goethe die Unterschiede zwischen Gretchen und Faust so deutlich hervor wie nur möglich. Auf der einen Seite steht Gretchen, deren Blick für die Welt unscharf und wirr geworden ist. Gleichzeitig hat sich ihr Sinn für Himmel und Hölle geschärft. So sagt sie: „Gericht Gottes! Dir hab ich mich übergeben“ und legt sich und ihr Schicksal in die Hände Gottes. Faust hingegen bleibt weltlicher denn je: „Bist du ein Mensch, so fühle meine Not“. Die Entfremdung der beiden wir überdeutlich, Faust polarisiert zum Weltlichen und durch Mephisto zur Hölle: „Das Drüben kann mich wenig kümmern“. Gretchen hingegen emanzipiert sich von Faust und polarisiert in Richtung Himmel.

Das Gretchen ihn zunächst nicht wiedererkennt ist nicht nur auf ihre Verwirrtheit zurückzuführen, sondern ist als Stilmittel der Entfremdung von Faust zu sehen. Der hingegen hat sich einem reinen Genussleben ohne Moral hingegeben. Während es so scheint, als würde Gretchen untergehen, wird sie in Wahrheit erlöst. Denn sie entspricht dem moralischen Menschen aus dem Prolog Gottes: „Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange ist sich des rechten Weges stets bewusst.“ Faust hingegen, der mit vollendetem Lustgewinn scheinbar sein Ziel erreicht hat, geht in Wirklichkeit zugrunde. Er muss ohne Moral und Gretchen fliehen.

Untersucht man die sprachlichen Mittel, so hat Gretchen den größten Anteil am Dialog. Ihr Dialog wirkt anfangs verwirrt, später aber sicherer, als sie zur Erkenntnis gelangt, dass sie sich ihrer Verantwortung stellen will. Es gibt kein festes Reimschema. Ihr Sprachstil ist so zu deuten, dass sie sich bereits vom Weltlichen entfernt hat. Faust hingegen redet zwar klar, aber hat Gretchen keine Argumente entgegenzusetzen. Er gibt nur kurze Kommentare ab. Sein Sprachstil bringt zum Ausdruck, wie sehr er sich auf die reine Freude der Lust reduziert, ohne sein Leben – oder seine Sprache – noch mit sinnvollem Inhalt füllen zu können.

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